Beitrag//Performance Wally Rettenbacher zu den LOGOtheSEN I [am 1.10. 2019 im Theater Phönix in Linz

  1. textbeitrag [veröffentlicht im Schundheft//28//2019 und zu bestellen bei www.schundheft.at // unartproduktion//Dornbirn]

logothesen-karteA6-1_HC Stoeger

hinterm schatten
[zu anestis logothetis´ ANASTASIS]

erst wenn du stirbst
wirst du leben.

anfang

gedehnte form.
verzerrung.
stimmapparate nahen
klangapparate nahen
zupfen
schleifen
wühlen
tauchen ab.
augen als möglichkeit.
ohrdialog
musiken.
die rückkopplung
über sprachtrieb
aus silben und wörtern
aus wortzerlegungen.
unmittelbar.
schicht um schicht.
atem will
ich mein meiner mir
verlassen.
das nacht gedachte
kreuzt krankheit
kreuzt störung versus ordnung
kreuzt heilung.
schall- und lichtwellen
weisen hybrides an
bündeln es
zu erdlinien
horizontalen kilometern.
zu endlos fläche wird
den naiven der weg.
alles dreht
entsteht.
zugleich ist´s feste zeichnung:
kreis
strich
klang

vogelschau

die achse
reiht
stülpt
über relation
über schreitung.
reflexe
tick tack
aggregieren zu
tick tack
vieldeutiger wellenform.
luftleiber queren
das mehr mehr MEHR.
atmen signale.

die ganeshfragen

ist
zwischen wiederholen
von entweder oder
das sowohl als auch
zu verzeichnen?
ist
die naht vom raum
als punkt notiert?

anfang

alles
flirrt
und
flattert
umher.
© Wally Rettenbacher

2. „um das flüchtige zu bannen“.  performative bildreihen für anestis logothetis: beginnend mit aufzeichnungen und skizzen……..

LOGOtheSEN im theater Phönix//Wally Rettenbacher
Foto: ©Erich Klinger

dann übergehend in den versuch einer “ Écriture automatique“ -…………

LOGOtheSEN im theater Phönix Wally Rettenbacher
Foto: © HC stöger

freie assoziationen, die zur tonbandkomposition „fantasmata 60“ entstanden sind.

Fotolink zu den Veranstaltungen LOGOtheSEN I und II im Theater Phönix

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 [1] vgl. s. 79. denker,k.p. optische poesie. []. de gruyter. berlin.2011

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ARTIKEL

Aggregat eines Vielgestaltigen: Betrachtungen zu Anestis Logothetis Werk im Rahmen der Veranstaltungsreihe „LOGOtheSEN“.

Zum 25. Todestag des Komponisten und Künstlers Anestis Logothetis [1921-1994] initierte Herbert Christian Stöger in Zusammenarbeit mit Günter Köllemann unter dem Titel „LOGOtheSEN“ eine bemerkenswerte Veranstaltungsreihe, die eine Annäherung an das umfangreiche Schaffen eines Künstlers ist, der sich nicht leicht einer „Schublade“ zuordnen lässt.

In zwei Veranstaltungen im Theater Phönix, setzten sich 8 AutorInnen der GAV OOE [Anestis Logothetis war 1973 Gründungsmitglied der GAV]  mit dem Künstler selbst oder mit Werken des Künstlers, sowohl der graphische Notation als auch den Tonbandkompositionen, auseinander. [Dies sind Angela Flam, Angelika Ganser, Herbert Christian Stöger, Peter Hodina, Wally Rettenbacher, Waltraud Seidlhofer, Robert Stähr und Richard Wall sowie der Klangkünstler Stefan Tiefengraber].

Die Ergebnisse dieser literarischen Auseinandersetzungen und Annäherungen sind im Oktober 2019 in einer Publikation im Schundheft [Unartproduktion Dornbirn; Heft Nr. 28-2019] unter dem Titel „LOGOtheSEN“ erschienen. In einer anschließenden Ausstellung im Oberösterreichischen Kunstverein, die noch bis 13. November 2019 zu sehen ist, werden  u.a. Siebdrucke von Partituren, die Logothetis im Eigenverlag veröffentlicht hat, sowie auch Leihgaben der Künstlervereinigung MAERZ gezeigt [Anestis Logothetis war ab 1980 auch Mitglied der Künstlervereinigung MAERZ].

Logothetis´ Notationsgrafiken erscheinen auf den ersten Blick wie Zeichen und Linien,  die sich bündeln oder strahlenförmig über ein Blatt Papier ausweiten und sich vom 5-Linien-System abheben, ein Freiraum, der dadurch entstand und den Logothetis nutzte. Richard Wall bringt dieses Abheben vom 5-Linien-System in seinem Beitrag in den LOGOtheSEN so auf den Punkt: „…Nur in der Synthese ist zu erreichen ……..eine Korrespondenz zwischen Strich & optischem Klang……“[1].

Neben dem Komponieren arbeitete Logothetis immer wieder mit Tonbändern.  Im ersten österreichischen Tonbandstück „FANTASMATA 60“[2], das 1959/60 entstand, setzt er die Akzente bewusst aufs „klangliche und emotional assoziative“[3]. Das Begriffliche – obwohl vorhanden – wird durch die Klanglichkeit überdeckt und nur durch stark aktives Hineinhören wahrgenommen“[4]. „Besonders erwähnte er in seiner „Autobiographie““, so schreibt Waltraud Seidlhofer in den LOGOtheSEN, “ die Begegnungen mit John Cage und Earle Brown“[5]. John Cage hat Logothetis eingeladen, in der Sammlung „Notations“, die er mittels dem Zufallsverfahren des chinesischen I Ging zusammenstellte,  eine Partitur zu veröffentlichen. Der Komponist Earle Brown definiert, was Logothetis wohl auch inspiriert hat: „Zeit ist die eigentliche Dimension, in der die Musik existiert, wenn sie aufgeführt wird, sie ist von Natur aus ein unendlich teilbares Kontinuum. Schall kann ……. in dieser Dimension beginnen oder enden.“[6]

Fotolink zu den Veranstaltungen LOGOtheSEN I und II im Theater Phönix

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[1] vgl. Schundheft //28//2019. Richard Wall S. 20

[2] vgl. openmusic.at: „Phantasmata & Meditation (1960/61, 19’58, Erstes österreichisches Tonbandstück, Première 1963 zu Hermann Nitschs erster öffentlichen Aktion [Aktion Perinetgasse – Die Blutorgel], Galerie Lagergasse)“

[3] vgl. Krones [Hg], Klangbild und Bildklang, S. 63.

[4] vgl. Krones s. 63

[5] vgl. Schundheft. Waltraud Seidlhofer S. 38 [Waltraud Seidlhofer hat Logothetis persönlich getroffen, u.a. bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt, wo sie Teilnehmerin war und Earle Brown von 1957-1965 Dozent]

[6] vgl. http://www.earle-brown.org/works/view/12